Klangstarker Musikgenuss
Konzert des Symphonieorchesters Rheine in der Evangelischen Stadtkirche
Gronau – Das Konzert fängt vielversprechend an – mit einer Überraschung. Und was dann kommt unter dem Titel „Salve Regina“, erfüllt alle Versprechen.
Von Martin Fahlbusch / Sonntag, 26.09.2021, 19:30 Uhr
Das war mal eine schöne Idee, das Konzert des Symphonieorchesters Rheine in der Evangelischen Stadtkirche unter dem Titel „Salve Regina“ am Samstagabend mit einem musikalischen „Appetitanreger“ von der schönen Sauerorgel, gespielt von Dr. Tamás Szöcs, und der frischen und schönen Sopranstimme von Evelyn Ziegler beginnen zu lassen. Mit dem „Laudamus te“ aus Wolfgang Amadeus Mozarts Großer c-moll-Messe wurde man regelrecht gespannt gemacht auf das, was im „eigentlichen“ Programmablauf folgen sollte.
Mal gestrichen, mal gezupft
Und das gelungen dargebrachte Element der Überraschung setzte sich mit der Passacaglia c-moll (BWV 582) von Johann Sebastian Bach nahtlos fort. Denn das für Orgel komponierte Stück erklang in einer Fassung für Bläser-Doppelquintett, dem eine Bassgeige (mal gestrichen und mitunter auch gezupft) eine anregende Unterstützung gab. Durch diese Besetzung und den Satz von Arie van Hoek gelang es den Musikern unter dem aufmerksamen Dirigat von Luis Andrada, die Farbenpracht des Bach’schen Orgel-Kosmos’ noch facettenreicher darzustellen. Egal, ob Flöten-, Oboen (Oboe/Englischhorn)- Fagott- oder Hornduo – alle Musikerinnen und Musiker bestachen durch Musikalität und Ausdrucksstärke. So erklang das Bach’sche Kompositionspotenzial nachgerade modern und entfaltete regel-recht neue Höreindrücke.
Bemerkenswerte Sopranstimme
Der schon zu Beginn des Abends so bemerkenswerte Sopran von Evelyn Ziegler kam dann in dem „Salve Regina“ (D 223) von Franz Schubert, dem titelgebenden Werk des Abends, erneut be-sonders strahlend zur Geltung. Ihre Stimme ist frisch, kräftig und angenehm zugleich, forciert nie übermäßig und trat, nicht zuletzt durch die kundige Orchesterleitung von Luis Andrade, in eine gleichberechtigte Klangbalance mit dem hoch konzentrierten Symphonie-Orchester Rheine. Dessen ausgewogenes Verhältnis von Streichern und Bläsern verriet ausgesprochen intensive und konzentrierte Probenarbeit, konnte sich aber auch in der überraschend angenehmen Akustik der Evangelische Stadtkirche gut entfalten, die den geschlossenen wie facettenreichen Orchesterklang nicht „verhallen“ ließ.
Lang ersehnter Auftritt
Besondere Umstände kennzeichneten trotzdem diesen so lange ersehnten Auftritt aller Musiker nach der so zehrenden Corona-Pause vor einem tatsächlich „gegenübersitzenden“ Publikum. (Erfreulicherweise konnte das Konzert mit deutlichem Aufwand ins Internet transportiert werden und wurde dort „via Youtube“ von gut 150 Personen verfolgt.) Mit Blick auf die Orchesterstärke konnten nur rund 35 Zuhörerinnen und Zuhörer in der Stadtkirche unter den geltenden Hygieneregeln diesem schönen Konzertabend beiwohnen und ihn genießen. Das tat einer besonderen Atmosphäre keinen Abbruch. Die freudige Aufmerksamkeit sprang geradezu auf die musizierenden Akteure über und spiegelte sich in deren exakten und wohldosierten Spielfreude wider. Die konnte sich dann in der irgendwie vertraut klingenden 5. Symphonie von Franz Schubert in B-Dur (D485) wirklich klangstark beweisen. Die fein komponierten Themen – vor allen Dingen in den beiden Kopfsätzen – und die berückende Durchführung in dem „Andante con moto“ zeugten von der fulminanten Kompositionsfähigkeit von Franz Schubert, der gerade mal 19 Jahre alt war, als er dieses Werk zu Papier brachte. Hoch motiviert und angeregt musizierend ließen die Musiker ihre Fähigkeiten erklingen, blieben auch in den Tutti-Passagen stets gut durchhörbar sowie transparent und folgten geschmeidig den Vorstellungen und den präzisen Hilfen ihres kundig agierenden Dirigenten Luis Andrade, der dieses Werk auswendig leitete.
Bravo – der einleitende „musikalische Appetithappen“ hatte nicht zu viel versprochen.